Ballade vom Hexenhammer
Es gab in den alten Vorzeiten
noch kein‘ Radikalenerlaß
und trotzdem hatten die Spitzel
und die Pfaffen beim Schnüffeln viel Spaß.
Vor vier- oder fünfhundert Jahren
an einem beliebigen Ort,
da geht durch das Dorf ein Geflüster:
„Wer noch Socken hat, mache sich fort!“
Der Herr Heinrich Institoris
und der Jakob Sprenger sind da,
die kommen vom Heiligen Vater,
grüß Gott, Halleluja.
Die Herren sind Inquisitoren,
erforschen die Menschen mit Fleiß,
die foltern die Hexen und sorgen dafür,
daß sie brennen, Kyrieleis.
Weil es hat überhand genommen,
der Aufruhr im Römischen Reich;
der Pöbel wird frech und rührt sich,
als wär die Kirche schon heut eine Leich.
Doch der Leib meiner heiligen Kirche
ist ein heiliges Sakrament
und wer ihr nur ein Härchen krümmt,
ist eine Hex und die Hex, die brennt.
Ein Kräuterweib, die kann heilen,
weil sie Kräuter probiert und viel weiß,
hat gesagt, daß die Pillen der Mönche
sein teuer bezahlter Scheiß.
Da sagten die Inquisitoren:
„Salve Christe Vobisculi Rex.
Das hat ihr der Satan geflüstert,
eine Hex, eine Hex, eine Hex.“
Eine Magd dient oben am Gutshof,
aber tut nicht so, wie man befiehlt;
ist dem Junker im Bett nicht zu Willen,
der hat Liebeswahnsinn gefühlt.
Da sagten die Inquisitoren:
„Salve Christe Vobisculi Rex.
Das Weib hat den Junker verzaubert,
eine Hex, eine Hex, eine Hex.“
Die Hebamme ist in den Dörfern
weit und breit sehr beliebt,
weil sie weiß doch, wie man die Kinder
nicht oder ohne Schmerzen kriegt.
Da sagten die Inquisitoren:
Salve Christe Vobisculi Rex.
Das Weib soll gebären in Schmerzen,
eine Hex, eine Hex, eine Hex.“
Die sehr alte Mutter vom Müller kann lesen,
man weiß nicht warum,
hat gesagt, daß der Ablaß nichts nütze,
wer ihn kaufe sei selber schön dumm.
Da sagten die Inquisitoren:
„Salve Christe Vobisculi Rex.
Sie leugnet die heilige Grundordnung,
eine Hex, eine Hex, eine Hex.“
Und als dann der Bischof die Mühle
sich unter den Nagel riß,
schrie die Tochter der Müllerin wie am Spieß
bei der Messe: „Verdammter Beschiß!“
Da sagten die Inquisitoren:
„Salve Christe Vobisculi Rex
Das Weib ist vom Satan besessen,
eine Hex, eine Hex, eine Hex.“
‚S gab Bauern, die wollten nicht länger
vom Fronvogt geschunden sein;
die machten bei Nacht im Wald
einen Ring und schworen im Fackelschein.
Da sagten die Inquisitoren:
„Maleficium Cuicunque Sauerei.
Schon wieder die Unzucht beim Hexensabbat,
Teufelei, Ketzerei, Hexerei.“
So haben sie drei Jahrhunderte
die Hexen im Feuer verbrannt;
das haben die Saubermänner getan
im christlichen Abendland.
So schafften sie Ehrfurcht und Schrecken
mit Zepter und Krummstab und Spieß;
sie schleppten die Weiber aufs Folterbrett
oder ins Ehe-Verlies.
Die Mörder vom höheren Adel,
die Priester im Lügneramt,
die haben den Teufel erfunden
fürs christliche Abendland.
Sie haben das Volk geschunden,
ins Elend gebracht und beraubt
und dann gesagt: „Die Hexen sind schuld,
weh dem, der nicht daran glaubt.“
Und der dieses Lied gesungen,
der hatte heut Nacht die Vision:
Der sah die Teufel und Hexen
schon wieder die Ordnung bedrohn.
Keine Bange, die Innenminister
mit dem Hexenhammer sind da;
die kommen von der Inquisition,
grüß Gott, Halleluja!
Text und Musik: Walter Mossmann
Quelle: www.kampflieder.de
Der sogenannte Radikalenerlaß ist ein Beschluß der Ministerpräsidenten von 1972, nachdem nur der ins Beamtenverhältnis berufen werden darf, der die Gewähr bietet, jederzeit für die freiheitlich demokratische Grundordnung einzutreten. Das Lied zieht eine Parallele zwischen dem Radikalenerlaß und dem Hexenhammer der katholischen Kirche von 1487. Der Hexenhammer schrieb die Zauberei hauptsächlich den Frauen zu und befürwortete die Folter. Er wurde zum Strafkodex der Gerichte aller Konfessionen in Mitteleuropa bis ins 17. Jahrhundert.
Alle Begebenheiten des Liedes haben sich tatsächlich zugetragen.