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Heidnische Gedichte – ein Sammelband mit Gedichten vieler Verfasser

 

DAS „VATER UNSER“ GEGEN DEN MARQUIS VON SANTA CROCE IN BRÜSSEL

„Vater unser“ den man in Brüssel sucht,
„Dein Name“ sei bei uns verflucht,
„Dein Wille“ ist nicht das geringste wert.
Weder im Himmel noch auf der Erd‘.
Du stiehlst uns unser täglich Brot,
Unsere Frauen und Kinder leiden Not.
Niemandem magst Du die Schuld vergeben,
Denn aus Hass und Neid besteht Dein Leben.
„Vater unser“ in Deinem Himmel
Befrei uns von diesem Höllenlümmel,
Lass ihn bis hin nach Spanien rennen,
Dort mag er Scheiterhaufen brennen.

Aus den Niederlanden 1633

Der Hammer

von Heinrich Brammer

 

Waren’s nicht Riesen, so waren es diesmal die Zwerge:
fort war der Hammer!
Und in schlimmeren als in Thryms Händen;
denn ihn hielt nicht Macht, sonder List!
Dunkelmänner hatten ihn bergetief in der Erde verborgen,
gaben den heiligen Dingen, die er berührt, andere Namen,
sagten, das vorige sei alles nur Sage und Märchen…

Das war es aus mit den Göttern:
Walhall,
das einst wie herber Duft aus nordischer Erde emporstieg,
schwand,
und Schwüle des Südens, weihrauchgeschwängert, kerzendurchräuchert,
breitete sich über Deutschland.
Göttern
blutvoll, erdentsprossen, Bilder aufrechten Mannstums,
Ahnen uralter Sippen,
wurden verbannt, als Spuk und Weiberschreck in der Hölle zu sitzen,
während dort oben der bleiche Schatten des Geistens
lähmend die blassen Hände hob.
Eichen,
erdverwurzelt, mächtigen Stammes, einst umbrandet
von deutschen Wetterstürmen,
morschten,
und geiles Schlingzeug siedelte in ihren trägen Ästen,
genährt vom weichlichen Atem
des Südens.

Aber der Hammer
tief in der Erde,
immer wieder verhüllt und ängstlich verborgen,
lag,
eine wilde Kraft,
gefesselt,
doch wuchtgespeichert,
und es ging ein Strömen von ihm
wie gärende Unruh.
Unruh packte die Götter,
sie hielten’s nicht aus dort unten,
machten sich auf
und wandelten wieder wie einst unter Menschen,
einlaßheischend.

Aber wie Gerrot, dem König, so ward den Menschen
der Blick verblendet,
und wie einst mußten die hohen Asen
sitzen zwischen marternden Feuern.
Rührte dennoch ihre Weisheit
des Herz des einen oder des andern,
gleich waren die Dunklen da, die Wichte,
lästerten, spotteten, höhnten,
raubten mit frevler Hand den hohen Asen den Glanz ihrer Sendung
und verredeten sie mit alles zersetzendem Geist
zu nichtigen Menschlein.

Aber stürzte Gerrot sich nicht ins Schwert, mit dem er spielte?
So erging es den Deutschen.
Die wirkende Kraft des Hammers,
die sie – verblendet – nicht wußten zu leiten,
trieb sie zu unholdem Tun:
sie zerfleischten einander wie Tiere…

War es das Ende?
Ja, wär nicht der Hammer gewesen!
Jäh sprang der Funke aus ihm und weckte
in schläfriger Zeit die Donnerer:
Fehrbellin, Hohenfriedberg, Sedan und Potsdam!
Wettersturm über Deutschland!
Wie rauschen die Eichen!

Und die Dunklen, die Wichte?
Was denn? —
Ist nicht der Hammer?
Ist nicht die uralte Kraft?
Und wächst nicht noch immer
deutsche Glaube
aus heiliger, deutscher Erde?

 

Weisheit der Ahnen

Sehen soll jeder, wes Art und Abkunft,
Seltsam versippt, im Volke fortlebt.
Ob Grimm und Gram das Grab ihr gönnen, –
Heil bringt die Einsicht, manche mahnt sie.

Fein zu fühlen, wahr zu werten,
Klar zu erkennen – weit zu greifen;
Kühn zu kämpfen, edel zu herrschen,
Maß zu achten, sei Unsere Art.

In Kindern kündet das Menschengeschlecht
Ungleichen Ursprung verschiedener Wertwahl.
Selten sieht man Gestalt im Gleichmaß,
Wo Zufall statt Zucht gezeugt.
Für ewiges Leben hoffen vom Himmel
Erdenfremde Gnade vergeblich.
Sie suchten besser Freundgott im Gefährten,
Das Göttliche hütend in Kindeskindern.

Völker versinken und weite Reiche,
Wo nötiger Nachwuchs dem Adel mangelt.
Gering gilt Großes dem Minderwerten,
Gutes gedeiht nicht, wo Menge mindert.

Der Stolze stirbt nicht, wo Art-Erbe dauert.
Lechzende Lust schafft schlechtes Geblüt.
Doch immer währt, wenn Edle sich gatten;
Im Asen-Sinn bleibt Adelskraft.

 

 

S. Wittkopf


Wittekind

Von Robert Hohlbaum

 

Ich will den Gott nicht, der den Frieden gibt,
ich will den Gott nicht, der in Mauern wohnt,
ich will den Gott nicht, der unsichtbar thront,
ich will den Gott nicht, der das Recht verschiebt.

Ich will den Gott nicht, der die Demut lohnt,
ich will den Gott nicht, der den Sklaven liebt,
denn ich bin Herr, vor meiner Faust zerstiebt
alles, was seine falsche Milde schont!

Ich will den Gott im grünen Eichenkleid,
ich will den Gott, der dumpf im Donner schreit,
ich will den Gott, der lichten Lenz mir bürgt,

und will den Eisgott, der die Sonne würgt,
ich will den Gott, der Blitzes Peitsche schwingt,
der meines heil’gen Waldes Sturmlied singt.

Das Götterlied

Es ragt kein Felsen, ohne je zu beben,
Und zu verfallen, wenn die Zeit vergeht,
Wie Feld zu Stoppel wird, zu Streu das Beet,
Indes die Sonne flammt im Saft der Reben.
Denn ewig brennt und wandelt sich das Leben,
Das früh und spät verbleicht und aufersteht.

Es rinnt, es strömt in abertausend Wieden,
Und rudert, schwillt und steigt empor ins Licht,
Und hastet, überstürzt sich, ringt und ficht,
Und denkt an keine Ruh‘, an keinen Frieden.
Ist dem Lebendigen doch kein Tod beschieden,
Und Skulds Gericht bezwingt sein Wesen nicht.

Denn die Unendlichkeit kenn keine Marken.
Sie webt in Ueberfluß und Ueberschwang!
Sie ist der Götter wundersamer Sang!
Und sicher treibt die Schwar der stillen, starken,
Der heitern Männer in den hohen Arken,
Das Lied entlang, das alle Welt durchdrang…

Theo Heermann von Sonnenheim

Offenbarung

Gäbe es denn einen Gott, der sich nur einmal bezeugt
ferne im fremdesten Stamm, der, in ein Buch nun gepreßt,
als ein welkes Verblühtes
durch die lange Entgottung währt?

Hätte der Stunde es denn und einer Stätte bedurft,
um zu erscheinen dem Stern, der ihn doch selber gesäugt,
dem er allgegenwärtig
immer wieder als Sohn entspringt?

Denn ohne Grenzen ist Pan, ohne die Züge der Zeit,
die um den Ewigen rauscht, und nicht in Urkunden barg
er sein hohes Geheimnis,
das die knopfende Erde wahrt.

Gottes Gang durch das Jahr ist Offenbarung genug
seines drei-einigen Bilds Sonne und Erde und Blut,
und die Irdischen brauchen
kein versiegeltens Zeugnis mehr.

Otto Bangert

 

Einkehr

Ahnen hoben betend Hände,
Wende du dich innenwärts;
Gott und Welt hältst du umschlossen
Und die Wahrheit wohnt in dir!

Tief am Grunde deiner Seele,
Die ein Meer ist, unermeßlichm
Und ein Brunnen unerschöpflich,
Liegt das goldne Götterland.

Dorten quillt dein’s Lebens Quelle,
Dort, zu dritt, die stillen Nornen
Deines Lebens Faden führen,
Streng verknüpfend Blutes Bande.

Kniee nicht vor heil’gen Büchern,
Suche Gott in Tempeln nicht,
Deiner Ahnen göttlich Wissen,
Sieh, es spricht zutiefst aus dir!

Kehre ein in weiten Wäldern,
Wo die grüne Stille wohnt,
Wirst ein ewig‘ Bild erkennen,
Das als große Mutter thront!

Hildulf R. Flurschütz

 Diese Schrift kann beim Buchdienst der Artgemeinschaft bestellt werden!