Kirchenaustritt – einfach (und) notwendig | ![]() |
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Geschrieben von: Dr. W. Hopfner |
Immer häufiger taucht die Frage auf, wie man aus der Kirche austreten könne. Diese Frage wird sogar von christlichen Dekanaten gestellt, allerdings mit vorwurfsvolle Unterton. Die Formalitäten sind schnell erledigt.
Die Formalitäten sind schnell erledigt:Auf dem Standesamt muß man eine „Erklärung über den Austritt aus einer Religionsgesellschaft“ abgeben und unterschreiben. Dafür ist eine Bearbeitungsgebühr in unterschiedlicher Höhe je nach Einkommen (zwischen 10 und 40 DM) einmalig zu entrichten. Das Standesamt meldet den Austritt an das zuständige Kirchensteueramt weiter. Dieses sammelt zunächst die Austritte und reicht diese monatlich an das Dekanat weiter. Dort werden sie namentlich erfaßt und dann den betreffenden Kirchengemeinden zugeleitet. Hier wird die Meldung ins „Austritts-Register“, einem sorgfaltig geführten und dem öffentlichen Einblick nicht zugänglichen Kirchenbuch, eingetragen. Außerdem wird der Kirchenaustritt im Taufbuch der Kirchengemeinde vermerkt, in welcher der oder die Ausgetretenen einst getauft wurden. Durch den Kirchenaustritt wird nach Ansicht der Kirchenfunktionäre die Taufe nicht rückgängig gemacht, und die Ausgetretenen werden weiterhin als „Glieder am Leibe Christi“ betrachtet, wie es in schwülstigem Kirchendeutsch heißt. Das könnte denen so passen. Die Taufe, zu deren Erteilung wir überhaupt nicht gefragt wurden, als wir seinerzeit in die Kirche eingetreten wurden, soll uns angeblich ein „unauslöschliches Siegel“ verpaßt haben. Da unterschätzen die Kirchenoberen aber unsere Menschenart – Wasser hat uns noch nie etwas ausgemacht, und orientalischer Symbolismus von der christlichen Art hat auch seine komischen Seiten … Kirchenaustritte werden natürlich von den Bischöfen nicht gern gesehen, immerhin geht ein Kirchensteuerzahler verloren. Hingegen rufen Angriffe auf die Glaubensartikel der Kirche dort oben keine Reaktionen hervor. Nur wenige Pastoren glauben das, was sie predigen, selbst. Austritt aus der Kirche bedeutet aber Angriff auf den christlichen Klingelbeutel, und das hat die Kirche noch nie widerspruchslos hingenommen. Eine Umfrage unter Pastoren in der Stadt Hannover ergab, daß zwei Drittel der Pastoren bei Kirchenaustritten „nichts tun“ und die Ausgetretenen einfach ziehen lassen. Das tadelte Pastor Andreas Seifert (Großburgwedel) scharf, denn da werde die Taufe offensichtlich „nicht ernst genommen“! Vielleicht sähen Herr Pastor lieber offizielle Zwangsmaßnahmen gegen die Ausgetretenen ? Diesbezügliche Vorschläge wurden von der „Jungen Union“ Bayerns kürzlich gemacht: Austrittswillige sollten mittels einer „Kulturabgabe“ nochmal kräftig abgezockt werden, ehe sie die Kirche verlassen dürften… Andererseits betonen die christlichen Würdenträger, daß gegenüber uns Ausgetretenen oder „Nie drin Gewesenen“ das christliche „Liebesgebot“ – Liebe wird im Christentum tatsächlich „geboten“ – auch gelte. Da heißt es, sich in acht nehmen. Diese Art von tödlichen Umarmungen kennen wir. Und falls doch ein „Abtrünnig Gewordener“ wieder in die Kirche eintreten möchte, bietet die Evangelische Kirche einen im Bundesgebiet einmaligen Service: Eingerahmt von Inseraten zur Hundesteuer, kommunalem Kino und Hannover-Messezimmer klingt’s fromm auf Seite 9 im Branchen-Telefonbuch für Hannover. Die „gelben Seiten“ bieten in der Spalte „Direktrufe“ unter der Nummer 21 40 78 die Rufnummer des Referenten für Öffentlichkeitsarbeit im evangelisch-lutherischen Stadtkirchenverband. Der „managt“ dann alles weitere. Die Evangelische Kirche hat sich das abgeschaut von der Direktwahl zum Standesamt hinsichtlich „Kirchenaustritt“, Rufnummer 1 68 33 58 in Hannover. Was sind die Gründe für einen Kirchenaustritt ?Obwohl die Kirchenaustritte höchst individuelle Entscheidungen sind, werden sie doch stark vom herrschenden Zeitgeist beeinflußt. Wellenförmige Bewegungen können in diesem Jahrhundert beobachtet werden. Nach dem Ersten Weltkrieg, der trotz christlicher Waffensegnungen verloren wurde, traten vorwiegend die marxistisch beeinflußten Kreise der Arbeiterschaft aus der Kirche aus. Sie brauchten sich nicht um das zu kümmern, was die Nachbarn nach vollzogenem Austritt tuschelten, sie standen sowieso am untersten Ende der sozialen Skala. Erstaunlicherweise traten Anfang der dreißiger Jahre öfter erzkonservative Menschen aus der Kirche aus mit der Begründung, bestimmte Pfarrer würden sich zu sehr nationalsozialistisch betätigen. Nach der Machtübernahme war die Zahl der Kirchenaustritte zunächst sehr niedrig, stieg dann aber steil an. Als Begründung wurden häufig die gewonnenen Erkenntnisse über die Machenschaften der internationalistisch aufgebauten Kirchen und ihrer Finanzimperien genannt. Dies vertrug sich nicht mit dem eigenen Streben nach Sauberkeit, Lauterkeit oder Wahrhaftigkeit. Sicherlich war oftmals auch reiner Opportunismus die Ursache für den Kirchenaustritt in dieser Zeit. Nach dem Zweiten Weltkrieg, der trotz heftigster christlicher Waffensegnungen verloren wurde, traten diese Opportunisten schnell wieder in die Kirche ein. Hier wurden nämlich die „Care-Pakete“ aus Amerika verteilt, und Hunger tat schon immer weh. Bis Ende der sechziger Jahre gab es kein Klima für Kirchenaustritte. Wer in dieser Zeit austrat, folgte nicht irgendeinem Trend. Er hatte Klarheit darüber gewonnen, was die Kirchen wirklich sind, welche entsetzliche Schuld an ihren Händen klebt; und welchen zerstörerischen Einfluß sie auf unsere Menschen ausüben. Diese Menschen suchten Wege zu einem neuen, heidnischen Glauben aus dem Erbe unserer Ahnen – so wie das schon in Anfängen um 1900 und später erkennbar geworden war. Die „Artgemeinschaft“ ging aus diesen Bestrebungen u.a. hervor. Mit der Bewußtseinsveränderung am Ende der sechziger Jahre traten nun Hunderttausende aus den Kirchen aus. Vor allem die Großstädte zeigten sehr hohe Austrittsziffern. Viele wollten nicht einsehen, warum die Kirchen per zwangsweise eingezogener Kirchensteuer (l996 waren das 13,6 Milliarden DM) künstlich am Leben erhalten werden, obwohl sie uns außer einigen orientalischen Fabeln doch nichts zu sagen haben. Andere merkten, daß insbesondere die Evangelische Kirche sich durch ungerechtfertigte kollektive Schuld- und Bußzuweisungen an das deutsche Volk in einen Gegensatz zu den Interessen des eigenen Volkes stellte. Bei den Katholiken kam die erste Austrittswelle mit dem Papstbesuch in Polen im Jahre 1979. Dieser war unerträglich. Originalton: „In Breslau ist jeder Stein polnisch!“ Ausschlaggebend aber dürfte das Schwinden christlicher Überzeugungen und Verhaltensweisen in unserem Lande sein. Man begreift endlich die jahrtausendalte ständige Bevormundung in allem und jedem durch die Kirche, die vielen Generationen unserer Vorfahren erst das Geld und dann das Lebensglück gestohlen hat. Man möchte nun mit den christlichen Steuereinnehmern nichts mehr zu tun haben und will in Ruhe gelassen werden, wofür wir volles Verständnis haben. Wie sehen die Zahlen aus?In Nordrhein-Westfalen entschieden sich kürzlich einige zehntausend Schüler gegen die Teilnahme am Religionsunterricht, rund 31000 waren das. Während 1950 noch 12 % der Protestanten den Sonntagsgottesdienst besuchten, waren das 1995 nur noch 3,2 % . Rund 25 % aller Neugeborenen werden nicht mehr getauft. Jährlich treten etwa 220 000 Protestanten aus der Kirche aus. Bei den Katholiken sind das etwa 183 000. Der Anteil der Bundesbürger, die sich formal zu einer Kirche bekennen, sank von 93,6 % (1970) auf 65 % (1995). Weltweit haben die lutherischen Kirchen im Jahr 1995 rund zwei Millionen Mitglieder verloren. Rund 800 000 Mitglieder verließen in den letzten 25 Jahren die katholische Kirche in Österreich. Untersuchungen haben ergeben, daß junge Leute eher austreten als ältere. Bei ihnen scheint noch eine gewisse Ursprünglichkeit zu bestehen, und die Spuren des christlichen Diktats haben sich noch nicht so tief eingegraben. Akademiker treten erheblich häufiger aus als Menschen niedrigeren Bildungsstandes. Was kommt nach dem Kirchenaustritt?Aus der Kirche austreten ist einfach – die Schwierigkeiten fangen meist erst danach an. Wer diesen Schritt getan hat, muß in den darauf folgenden Zeiten ein gewisses Maß an Stehvermögen und Beherztheit an den Tag legen. Schwierigkeiten könnte es in der eigenen Familie geben, vor allem dann, wenn die Elterngeneration noch streng christlich erzogen wurde und noch die Macht – und Geldmittel in der Hand hat. Hier kann der Riß quer durch eine Familie gehen und zu erheblichen Störungen z.B.des Lebensunterhalts führen. Auch muß daran gedacht werden, daß die christlichen Berufskollegen uns schief ansehen können. Christen scheren sich um das als Alibi dienende „Liebesgebot“ uns Heiden gegenüber erfahrungsgemäß nicht ! Was ist mit den eigenen Kindern ?Wenn man sie mit aus der Kirche nehmen kann, dann müssen sie nicht mehr in den zwangsweise verordneten Religionsunterricht gehen, und es muß eine Lösung gefunden werden, was sie in der anfallenden freien Zeit tun sollen. Hier schreiben die Schulordnungen bestimmte Maßnahmen vor, auf die man die Schulleitungen hinweisen sollte. Ganz wichtig ist es, den Kindern anstelle der christlichen eine unserem Wesen entsprechende Ethik zu geben und ihnen die christlichen Denkschemata wie „Sünder sein“, aus einem „Jammertal erlöst werden müssen“ usw. als nicht unserem Wesen entsprungen zu entlarven. Vielleicht wird den einen oder anderen kurz nach dem Kirchenaustritt noch so eine Art „schlechtes Gewissen“ befallen. Vielleicht wird er denken, die Kirche habe ihm persönlich ja nichts angetan, und die Kirchensteuern habe man nicht so drückend empfunden. In dieser Phase wirken die uns vom Christentum gezielt eingebleuten „Rückkopplungen“. Aber das übersteht man schadlos. Ganz allmählich wird einem das Wort „Ich bin ein Heide“ immer flüssiger über die Lippen kommen, und nach und nach wird sich ein Gefühl der Freiheit einstellen, wie man es wohl nie zuvor in seinem Leben kennengelernt hat. Und eines Tages fühlt man sich den dumpf im Christentum Dahindämmernden überlegen – und man ist es auch, denn man hat zu sich selbst zurückgefunden. Weiterführender Verweis: http://www.kirchenaustritt.de/ |