Geschrieben von: Dr. W. Hopfner
In der Edda wird die Weltenesche Yggdrasil als der schönste und heiligste aller Bäume beschrieben. Dieser Baum trägt die Welt, seine Zweige breiten sich über den Himmel aus bis zur Erde, sie verbinden das Götterland Asgard mit dem Menschenland Midgard und beide mit den unterirdischen Reichen Hel und Niflheim. Auf drei Wurzeln steht der hochaufgerichtete Stamm, und unter jeder von ihnen entspringt ein Quell.

 

Eine Esche weiss ich,
Yggdrasil heisst die hohe,
umhüllt von hellem Nebel.
Von dort kommt der Tau,
der in die Täler fällt.
Immergrün steht sie
am Brunnen der Urd.

In der Edda wird die Weltenesche Yggdrasil als der schönste und heiligste aller Bäume beschrieben. Dieser Baum trägt die Welt, seine Zweige breiten sich über den Himmel aus bis zur Erde, sie verbinden das Götterland Asgard mit dem Menschenland Midgard und beide mit den unterirdischen Reichen Hel und Niflheim. Auf drei Wurzeln steht der hochaufgerichtete Stamm, und unter jeder von ihnen entspringt ein Quell. Der erste ist Hwergelmir, das heisst der brausende Kessel, das Wasser des Werdens. Aus dem zweiten trinkt Mimir, das zur göttlichen Gestalt gewordene Gedächtnis, sein Wissen um die Geheimnisse der Welt. Der dritte, der Quell des Schicksals, wird Urdbrunnen genannt. Im höchsten Geäst der Weltenesche sitzt ein Adler, der um viele Dinge weiss und zwischen seinen Augen ein Habicht namens Wederfölnir, der Wettermacher.

Viele Gefahren bedrohen den Baum. Auf seinen Zweigen weidet die Ziege Heidrun. Vier Hirsche beissen ihm die jungen Schösslinge ab. Unter seinen Wurzeln nistet Nidhöggr, der Neiddrache. Er und anderes Schlangengewürm benagen Yggdrasil ständig. Fehde herrscht zwischen dem Adler in der Höhe und dem Drachen in der Tiefe. Und ein Eichhörnchen, Ratatöskr, der Rattenzahn, raschelt am Stamm der Esche auf und nieder und trägt dem einen zu, was der andere sagt, unaufhörlich neuen Zwist in der Welt säend.

Und doch grünt der Baum und wird grünen bis zur Götterdämmerung, denn er steht im Schutze der Nornen, die das Schicksal kennen.

Im alten wie auch im derzeit neu sich formierenden germanischen Heidentum wird der mythologische Weltenbaum Yggdrasil meist als „Esche“ bezeichnet. Ist das aber auch richtig? Eigentlich sollten keine Zweifel darüber bestehen, lesen wir doch in der Edda, Völuspa 19f: „Eine Esche weiss ich….Immergrün steht sie am Brunnen der Urd“. Und bei Völ.47, der Schilderung des Endkampfes: „Yggdrasils Esche bebt stehend, es rauscht der alte Baum“ .

Erstaunlich ist aber, dass der Weltenbaum mit sehr verschiedenen Namen bezeichnet wird, könnten da nicht auch verschiedene Baumarten gemeint sein?

So lesen wir z.B. in Völ.2: “ Neun Welten kenne ich, neun Räume des „Massbaums“, der unterhalb der Erde wurzelt“. An anderer Stelle wird von „Odin’s Hangatyr“, d.h. „Odins Hängebaum“ gesprochen, als Hinweis auf das Hängen Odins im Weltenbaum. Im Grimnir 25 ff steht: “ Heidrun heisst die Ziege, die auf Heervaters Saale steht und die Zweige „Lärads“ verzehrt“ . Lärad heisst „der Schutzspender“. Und im Fjolswid 13ff finden wir wieder eine andere Bezeichnung des Weltenbaums: „Wie heisst der Baum, der mit breiten Ästen die weite Welt überwölbt? „Mimameid“ heisst er, kein Mensch weiss es, aus welchen Wurzeln er wuchs; niemand ahnt’s, was ihn niederstreckt, Feuer nicht fällt ihn noch Stahl. Was bringt Tod dem trefflichen Baum, da nicht Feuer ihn fällt noch Stahl?…..“

„Mimameid“ bedeutet Mimirs Baum, d.h. dieser Baum weiss um die Geheimnisse der Welt.Der Name erinnert uns doch an das hessische Kinderliedchen, welches als Abzählreim gesungen wird:

Mi-ma-mei-de, steht auf der Hei-de,
hat ein grü-nes Röck-lein an,
sit-zen drei-e Jung-fern dran.

Man muss sich das mal überlegen: Die Vorstellung vom Weltenbaum „Mimameide“ reicht als älteste Gemeinsamkeit aller indogermanischen Völker etwa 4000 Jahre zurück – und lebt trotz 2000-jähriger christlich-jüdischer Verfolgung in einem Abzählreim noch heute! Hierüber können wir uns wirklich freuen, aber denken wir auch einmal an all das, was unsere Feinde uns genommen haben:

Die bruchstückhafte Erhaltung der Edda weist an mehreren Stellen auf den Versuch einer brutalen Zerstörung des Sinnes hin. Abgesehen davon, dass das grosse und wichtige Heimdall-Lied vernichtet wurde, fällt die Ausmerzung derjenigen Strophe im Fjolswidlied zwischen 15 und 16 auf, welche die Antwort auf die Frage enthielt: „Was bringt den Tod dem trefflichen Baum, da nicht Feuer ihn fällt, noch Stahl?“ Die vernichtete Strophe hätte uns den Sinn des Baumes enthüllt. Entsetzen und Zorn befallen wohl jeden, der sich einmal näher mit dem Schicksal der altgermanischen Literatur befasst. In den „Sprüchen des Hohen“ 144 tritt in dem Augenblick ein „Zeilenverlust“ ein, als der hohe Sinn des germanischen Opfers beschrieben wird. Ebenso auffällig ist die Zerstörung von Teilen der Völuspa, die um ihres Inhalts willen höchste Schonung verdient gehabt hätte.

Eibe

Eibe

Der planmässigen Vernichtung der Zeugnisse des alten germanischen Heidentums durch die ins Land drängenden christlichen Missionare sind hinsichtlich der Gesinnung unserer Vorfahren gegenüber ihren Göttern eigentlich nur ganze drei Worte entgangen: „Donar, heimatlicher, unvergänglicher!“ Sie stehen am Anfang des Pariser Spruchs gegen die Fallsucht. Die christliche Kirche, die alle sich mit dem alten Germanien befassenden Schriften in ihren Klöstern sammelte um sie dann zu vernichten, hat gründliche Arbeit geleistet:

Die Germania des Tacitus ist uns nur durch einen glücklichen Zufall erhalten geblieben. Seine Annalen weisen ausgerechnet an den entscheidenden Stellen Lücken auf. Die 20 Bücher sämtlicher Kriege, welche die Römer mit den Germanen führten, hatte der ältere Plinius hinterlassen; Tacitus hatte sie benutzt. Sie wurden sämtlich vernichtet. Auch L.Antistius Vetus, im Jahre 58 n.Ztw. römischer Befehlshaber in Germanien, hatte über Germanien geschrieben. Sein Werk wurde vernichtet. Die Schriften des Pytheas von Masssilia, des Poseidonius von Rhodus und des Sallust (Historien) über Germanien wurden zerstört. Das 104. Buch des Livius handelte ganz über die Germanen; es wurde vernichtet. Die Feldzüge gegen die Germanen hatte Aufidius Bassus beschrieben, sein Werk wurde vernichtet, ebenso wie die Fortsetzung seines Buches, die Plinius verfasst hatte. Die Bücher des Cassiodor und des Ablavius, die über Germanien geschrieben hatten, wurden ebenfalls vernichtet. Durch Zufall wurde das alte Hildebrandslied der Nachwelt erhalten. Und wenig hätte gefehlt und die einzigen Handschriften der Edda und des Nibelungenliedes wären ebenfalls für immer vernichtet worden. Diese offene Rechnung mit dem Christentum sollten wir eines Tages nicht vergessen haben!

Blättern wir noch ein wenig in der uns erhalten gebliebenen Literatur:

Massbaum wird der Weltenbaum in der Völ.2 genannt, weil die Weltenachse als das Mass aller Dinge angesehen wurde. Nicht die „Gebote“ einer von Menschen erfundenen „Religion“ waren unseren Ahnen Richtschnur ihres Handelns, sondern eine zwar unsichtbare, aber in ihrer Wirkung wahrnehmbare Himmelsachse, eine Naturkonstante, letztendlich „die Natur selbst“ setzte den Massstab. Einen Baum nahmen sie zum Sinnbild dieser Gegebenheit.

Massbaum, Yggdrasil, Odins Träger, Lärad, Mimameide – alle diese Bezeichnungen meinen ein und denselben Weltenbaum. Das geht aus verschiedenen Hinweisen eindeutig hervor. Dieser Baum ist noch vor der Urzeit, als der Riese Ymir hauste, schon da (Völ.2). Er ist aber nicht nur vor den Riesen, sondern auch vor den Göttern, vor allem Leben, vor Niflheim und Hel und Midgard schon da. „Niemand weiss woher er kommt“ . Er ist nicht die Schöpfung selbst, sondern der Urgrund und Halt der Schöpfung. Höher als Walhall ist der Weltenbaum, seine Zweige ragen über Walhalls Dach hinaus.( Am Fuss seines Stamms haben die Götter ihre Versammlungshalle, ihre Gerichtsstätte).Sein Stamm selbst ragt von der Erde bis zum Himmelspol, er ist die Weltenachse um die alles sich dreht.

Dieser Baum ist der Inbegriff des Alls, er ist somit vor der irdischen Schöpfung als auch nach ihrem Untergang da. Deswegen steht er im Weltenbrand aufrecht (Völ.47), das Feuer fällt ihn nicht. „Er ist Bewahrer des Lebens über Raum und Zeit hinaus, unsterbliche, seiende und tätige Gottheit“ (O.S.Reuter).

Wie gesagt, über 4000 Jahre alt ist dieser, von unseren Ahnen auf uns gekommene Mythos.

Rätselhaft ist es, wie die Esche – ein durchaus stattlicher Baum – zu der Ehre kam, als Sinnbild des Weltenbaums betrachtet zu werden. Sie hat nicht viele von jenen Eigenschaften, die unsere Vorfahren dem Weltenbaum zuschrieben. Sehen wir nochmal in Völ.19 nach: „Immergrün steht sie am Brunnen der Urd“, heisst es da. Aber die Esche ist kein immergrüner Baum. In unseren Breiten treibt sie etwa Ende des Ostermonds (April) die ersten Blätter und ein halbes Jahr später, wenn die Nachtfröste einsetzen, wirft sie ihr Laub wieder ab. Auch „glänzen“ die Blätter der Esche nicht, im Gegenteil, sie tragen zwar ein frisches, jedoch mattes Grün. Das Laub des Weltenbaums aber, das „Lichtgezweig“ wird in der Edda „Glasir“, d.h. „Glanzwald“ genannt. Eibenblätter glänzen dagegen zu jeder Jahreszeit.

Nach Gylf.16 heisst der Tau, der vom Weltenbaum fällt „Honigtau“ oder an anderer Stelle „Met“. Er berauscht die Ziege Heidrun, die auf den Zweigen weidet. Auch die Einheerier, die im Einzelkampf Gefallenen, trinken den berauschenden Met. Er ist für sie der Unsterblichkeitstrank und somit von grosser kultischer Bedeutung. Trotz Nachforschung in der entsprechenden Fachliteratur und Befragung erfahrener Weinbausachverständiger konnte kein Bestandteil der Esche beschrieben werden, der nach Verzehr bei Mensch oder Tier eine berauschende Wirkung entfalten würde. Im Gegenteil, Eschenblätter werden noch heute gerne von Viehzüchtern gegen allerlei Tiererkrankungen als Heilmittel eingesetzt.

Ganz anders die Eibe. In der „Main-Post“ vom 30/31.7.1994 lesen wir:

„Professor Kukowka arbeitete im Garten, als er plötzlich Schwindel, Übelkeit, Kopfschmerzen, Verlust der Orientierung und des Zeitsinnes an sich wahrnahm. Als emeritierter Professor der Medizin im Beobachten geschult, notierte er hinterher seine Wahrnehmungen:

„Kalter Angstschweiss befiel mich, meine Glieder waren wie gelähmt, Vampire, Kraken, züngelnde Nattern, Ratten, gruselige Ungeheuer und anderes Getier kroch immer bedrohlicher an mich heran. Da wich die schreckliche Beklemmung, eine euphorische Stimmung versetzte mich in ein paradiesisches Traumland. Schwerelos schwebte ich in einem riesigen Zirkuszelt, aus dessen goldener Kuppel wunderbarste Lichteffekte strahlten und himmlische Sphärenmusik ertönte…“

Das liest sich wie das Protokoll eines LSD-Trips.Der Gelehrte aus dem thüringischen Ort Greiz hatte aber keine Drogen genommen. Er hatte nur im Schatten von vier grossen Eiben gearbeitet. Dass alle Teile dieses Nadelbaums, von den scharlachroten Samenkapseln kurioserweise abgesehen, das hochgradig giftige Taxin enthalten, war schon immer bekannt. Offenbar scheidet aber die Eibe an heissen, windstillen Tagen das Taxin gasförmig aus, wie das verwirrende Gartenerlebnis des Professors zeigt.“

Nach Fjölswid 13 wissen wir, dass die Äste des Weltenbaums, da er zum Himmelspol aufragt, die weite Welt umspannen. Im Fjölswid 18/20 heisst es dazu: „Sag du mir….wie der Nadelbaum heisst, dessen Äste alle Länder umspannt“ . Hier sollte man stutzig werden. Die Esche ist bekanntlich ein Laubbaum, die Eibe hingegen wird zu den Nadelbäumen gezählt. Dass unsere Ahnen, die über eine ausgezeichnete Naturbeobachtung verfügten, Laub-und Nadelbäume nicht hätten auseinanderhalten können, wollen wir garnicht erst annehmen.

Eiben können also durchaus “ berauschend “ wirken, Eschen nicht.

Wenn wir die 24 Runen des Gemeingermanischen Futharks betrachten, stellen wir fest, dass eine Rune, die Rune 13 aus Hagals Acht, die EO-Rune, auch YR-Rune genannt, dem Weltenbaum gewidmet ist. „Die EO-Rune führt aus verklommenen Erdtiefen hinauf in die erhabene Weite und Stille des Alls“ (Thorolf Wardle). Die angelsächsischen Runensprüche sagen hierzu: „EO ist aussen ein unglatter Baum, hart, in der Erde fest“ . Die norwegischen Runensprüche sagen zur EO-Rune: „YR ist der wintergrünste Baum“. Demnach sollte es sich beim Weltenbaum um einen Nadelbaum mit rauher Rinde, hartem Holz und festen Wurzeln handeln. In den isländischen Runensprüchen heisst es zur EO-Rune: “ YR ist gespannter Bogen, sprödes Eisen und des Pfeiles Reise“ . Da haben wir es wieder, Bogen und Pfeil – Eibenholz.

Sollte es also gar Unachtsamkeit bei der Übersetzung, ein Gedankenfehler oder ein sonstiger „black out“ gewesen sein, der dazu führte, dass die Esche das Sinnbild des Weltenbaums wurde?

Vielleicht liegt die Erklärung woanders:

Im Glauben unserer Ahnen gibt es zwei Gruppen von Göttern, die Asen und die Wanen. Asengötter sind z.B. Odin, Frigga, Balder. Wanengötter sind z.B. Ullr, Nerthus, Freyja. Den Göttern haben unsere Ahnen bestimmte Attribute zugeordnet. So trägt der Asengott Odin einen Speer, der Wanengott Ullr hingegen Pfeil und Bogen. Die Heimat des Ullr ist (nach Grimnismal 5) Ydalir, das heisst zu deutsch „Eibental“. Odins Speer ist aus dem Holz der Ask, das ist Eschenholz. Junge Eschenbäume bilden glatte, gerade, kräftige Stangen, aus dem schon unsere Ahnen vorzugsweise Speere und Lanzen anfertigten. Noch heute werden die Stiele von Schaufeln, Rechen, Werkzeugen und Gartengeräten vor allem aus Eschenholz hergestellt.

Die Waffen des Wanengottes Ullr, der aus „Eibental“ kommt, sind aus Eibenholz gefertigt. Es eignet sich hervorragend zur Herstellung von Pfeilen und Bögen, denn es ist hart, zäh und elastisch und wurde von unseren Ahnen für diese Zwecke verwendet. Der kürzlich gefundene rund 4000 Jahre alte Gletschermann „Ötzi“ aus den Ötztaler Alpen, trug einen Eibenholzbogen und Eibenholzpfeile bei sich. Die Römer holzten vorzugsweise die in Germanien wachsenden Eiben ab wegen ihrer Eignung zur Herstellung von Pfeilen und Bögen.

Was hat das mit unserer Frage zu tun?

Da die sich mit Germanien befassende Literatur vom Christentum vernichtet wurde, können wir nur Vermutungen anstellen. Es gibt aber noch einige Hinweise darauf, dass die ältere Glaubensform unserer Ahnen im wesentlichen aus wanischen, die „Lebenskraft“ betonenden Elementen bestand.Vermutlich gab es damals vorwiegend mutterrechtlich geprägte Gesellschaften. Da in den wanischen Vorstellungen die Eibe eine herausragende Bedeutung hatte, würde das die Eibe als früheres Symbol des Weltenbaums erklären.

Später traten dann asische, die „Vernunft, den Verstand und den Geist“ betonende Vorstellungen in den Vordergrund. Tatsache ist, dass asische, vaterrechtliche Vorstellungen, im Glauben unserer Ahnen die Oberhand gewannen und damit wird erklärbar, dass man nun auch den Weltenbaum, das zentrale Glaubenssymbol unserer Ahnen, als „Odins Baum“, als Esche ansah. So hat eine Veränderung der Vorstellungen zu einer Veränderung der Attribute geführt.

Esche

Esche

Betrachten wir einmal „Sein und Wesen“ der beiden Bäume, Esche und Eibe.

Bäume verkörpern und versinnbildlichen den Menschen unserer Art ein Gefühl von Recht, Frieden, Freiheit. Die eintönige, einförmige, kahle Fläche vermag unsere Herzen nicht eben anzusprechen. Die Menschen der braunen, gelben und verdorrten Landschaften in den Savannen, Steppen und Wüsten unterstehen anderen Lebensordnungen als wir. Uns stösst die tote Landschaft ab. Im geborgenen, überschaubaren Landschaftsraum werden für uns die Wunder der Welt sichtbar.

Eschenbäume können bis 40 m hoch werden. Unsere Vorfahren nutzten sie vornehmlich als Laubfutterbäume. Für Rind, Schaf, Ziege und Pferd soll kaum etwas heilsamer sein als Laub und Gezweig der Esche. Ihr Holz wurde für Speer und Lanze, aber auch als Stiel für Werkzeuge verwendet.Im Schwarzwald, in Oberbayern und in Schweden ist die Esche bisweilen noch heute der Schutzbaum des Hauses. Auf guten Standorten und im vollen Sonnenlicht kann sie zu gewaltigen Baumgestalten heranwachsen, deren Äste Haus und Hof weit überspannen.

Die Eibe ist heute eine verhältnismässig unbekannte und oft verkannte heimische Baumart. Dabei war sie den Indogermanen bereits vertraut und stand bei ihnen in hohem Ansehen. Sie ist ein immergrüner Nadelbaum, der bei uns über 20 m hoch werden kann. Sie ist der langlebigste Baum in unseren Breiten und ist seit etwa 600 000 Jahren in Europa heimisch.Etwa in der Bronzezeit müssen die Wachstumsbedingungen für diesen Baum in Mittel-und Nordeuropa optimal gewesen sein.

Sie verkörpert seit eh und jeh immerwährendes Leben, die Ewigkeit schlechthin. Der Name „Eibe“ dürfte wohl auf das“ Ewige“ zurückgeführt werden können, wie altnordisch „aevi“ oder althochdeutsch „ewa“ gleich Ewigkeit bedeuten. Das ahd.“iwa“, das mnd.“iwa“, das ags.“eow“ oder „iw“ und das engl.“yew“ gleich Eibe, stammen alle aus der gleichen Grundbedeutung, wie auch das ahd.“ebah“, das afries. und das schles.“ewich“ und das engl.“ivy“ vermuten lassen.

Einst war die Eibe bei uns so häufig, dass es Gaius Julius Caesar auffiel (De bello gallico ,6.31). Aber als die Römer über die Alpen nach Germanien zogen, waren ihnen die schwarzdunklen Eibenwälder zunächst garnicht geheuer. Doch die Kolonialherren änderten schnell ihre Meinung als sie entdeckten, wie zäh, hart und zugleich elastisch das Eibenholz war. Die hohe Qualität dieses Holzes machte es zum gesuchten Waffenholz. Aber auch Kämme, Küchengeräte und stark beanspruchte Teile anderer Gerätschaften wurden aus Eibenholz gefertigt. Bis ins Mittelalter hinein war Eibenholz bei Drechslern sehr gesucht. Der Haupthandelsplatz für dieses Holz war damals die Freie und Reichsstadt Nürnberg.

Was heute noch an Eiben in den Wäldern steht, sind kümmerliche Reste der Bestände von einst. Im ungarischen Mittelgebirge, im Bakony-Wald, stehen noch rund 48 000 Bäume. Im Ziesbusch in der Tucheler Heide (Westpreussen) standen 1916 auf 18 Hektar noch rund 5300 Eiben. Im Brandtswald bei Paterzell nahe Weilheim in Oberbayern, stehen auf 32 Hektar noch 2500 Eiben und bei Gössweinstein in der „Fränkischen Schweiz“ gibt es noch einen weiteren Eibenwald. Die bayerische Staatsforstverwaltung pflanzt jährlich etwa 3800 Eiben in ihren Wäldern an. In der thüringischen Rhön bei Glattbach wachsen an einem Westhang noch ca. 400 Eiben, die mehr als 650 Jahre alt sind. Das Waldstück gehörte einst dem Kloster Dernbach und ist jetzt ein Naturschutzgebiet. Schlimme Feinde der Eiben waren und sind noch immer Ziegen, Rehe und andere Paarhufer, auch der Waldhase frisst gern ihre Triebe, ohne dass ihm das etwas ausmacht. Für Einhufer wie z.B. Pferde und Esel ist das Eibenlaub giftig.

In neuester Zeit konnte das Gift der Eibe isoliert und näher bestimmt werden. Paclitaxel wird es genannt. Das amerikanische „Nationale Krebsinstitut (NCI) “ hat es als den grössten Fortschritt der letzten 20 Jahre für die Krebsbehandlung bezeichnet. Es ist besonders bei Leukämie und dem Ovarial-Carcinom wirksam.

Einige sehr alte Eibenbäume sind uns erhalten geblieben:

In Heunersdorf in Schlesien steht eine Eibe, deren Alter auf 1400 Jahre geschätzt wird. In Mönchshagen bei Rostock steht eine mehr als 1500 Jahre alte Eibe. Da sie ständig dem Wind ausgesetzt war, ist sie bei einem Stammumfang von 3,30 m ganz schräg gewachsen.

Eine sehr alte Eibe steht bei der Kirche in Dietmarschen in der Grafschaft Bentheim. Sie wurde bereits 1152 bei der Erbauung der Stiftskirche urkundlich erwähnt, denn darin heisst es: „… neben dem hiligen Ibenbaum“ .

Die wohl älteste Eibe hierzulande ist die ca. 2000 Jahre alte sogenannte „Hintersteiner Eibe“. Sie steht im „Bärgründle Tal“ in 1250 m Höhe bei Hinterstein im Allgäu. Düster und mächtig erhebt sie sich über das Tal. Ihr Anblick ruft uns die Mythen und Sagen rund um die Eibe ins Gedächtnis, an die Theodor Fontanes Verse erinnern:

“ Die Eibe
schlägt an die Scheibe
Ein Funkeln
im Dunkeln
Wie Götzenzeit, wie Heidentraum
Blickt ins Fenster der Eibenbaum „